Eine Lautbild-Silbenschrift mit 28 Zeichen

Diese kleine Silbenschrift soll nur als Beispiel dienen, wie man eine solche Lautbildschrift   konstruiert und welche Probleme dabei auftreten.





Wir haben die 28 Zeichen in einer Tabelle (7*4 - Matrix) angeordnet. Das Zeichen links oben heißt lo, die Ellipse rechts oben li, der Dreifachstrich rechts unten ti.


Die Silbenzeichen sind systematisch konstruiert:   Ausgangspunkt ist der senkrechte Strich links unten (Zeichen to). Verdreht man ihn, so erhält man einen waagrechten (po), einen v.l.n.r. fallenden (so) oder steigenden Strich (fo). Letztere 2 Striche ergeben gekrümmt die Zeichen no und mo. Das Zeichen lo ergibt sich, indem man die Zeichenfolge nomo senkrecht auf 1 Zeichenhöhe zusammendrückt. Die Zeichen der o-Spalte sind die linken Hälften der Grundformen Ellipse, Kreis, Raute und Quadrat, die man in der i-Spalte erkennen kann. Alle o-Zeichen sitzen linksbündig im Zeichenfeld (linkes Drittel). Aus ihnen sind die anderen Spalten systematisch konstruiert:

e:   o-Zeichen rechts spiegelnd verdoppelt
      (rechts an o-Spalte Spiegel ansetzen !)
i:    wie e-Zeichen, aber Mitte geschlossen
a:   schmales i-Zeichen


Am linken Ende jedes Silbenzeichens erkennt man den Konsonanten. Silbenzeichen mit o sind quasi Konsonantenzeichen ohne Zusatz, bei Silbenzeichen mit anderen Vokalen wird rechts zum Konsonantenzeichen etwas hinzugefügt. Das veranschaulicht folgendes Bild, bei dem wir den Rest jedes Zeichens grün gefärbt haben:





Man kann den Konsonanten leicht erkennen, wenn man den rechten Teil eines Zeichens oder einer Zeichenspalte mit einem Stück Papier abdeckt (am besten gleich probieren!). Auch der Vokal eines Zeichens ist leicht erkennbar an der Breite des Silbenzeichens:

o   - Silbenzeichen ist einzelner Strich, linksbündig, max. 1/3 breit,
        jeder gedachte Querstrich schneidet nur 1 mal das Zeichen
a   - mittig, schmal, kleine Fläche
e   - breit mit Lücke in Mitte
i    - breit ohne Lücke

Das heißt, mit abnehmender Tonhöhe des Vokals werden die Silbenzeichen breiter bzw. wandern weiter nach rechts: vom linken Drittel (o) ins mittlere Drittel (a) ins linke + rechte Drittel (e) in alle 3 Drittel (i). Auch ihr Flächeninhalt nimmt zu: o-Zeichen enthalten keine Fläche (ein waagrechter Schnitt trifft nie mehr als 1 Strich), a-Zeichen meist eine kleine Fläche, e- und i-Zeichen meist eine große.


Auch die Zuordnung Laut-Konsonantenzeichen erfolgte mit System:   Silben mit summendem Konsonant (l,m,n) haben gebogene Striche, Silben mit nicht summendem Konsonant gerade Striche. Von den letzteren haben Silben mit Zischlaut (f,s) Schrägstriche, Silben mit Plosiv (p,t) achsenparallele (waagrechte / senkrechte) Striche. (Diese Lautgruppen sind im Hauptartikel erklärt.)




Bewertung

Obige Silbentabelle soll nur ein handliches Beispiel sein für das wohl beste Prinzip, eine Silbenschrift zu konstruieren:
Linkes Ende = Konsonant,   rechte Fortsetzung = Vokal.

Ansonsten ist obige Silbentabelle zu klein: Zwar kann man mit 28 Zeichen bessere Ideogramme bilden als mit den 16 oder 20 einer Buchstabenschrift. Aber einem Ideogramm aus 5 Zeichen entsprechen bei Buchstabenschrift nur 5 Laute ( + ggf. nötige Füllaute), bei obiger Silbenschrift aber 10 Laute - zuviel. Zwar lassen sich mit mehr Zeichen nicht nur bessere, sondern meist auch kürzere Ideogramme bilden, aber 28 Zeichen sind zu wenig. Eine Lautbild-Silbenschrift sollte, damit die Ideogramme kurz sind und die Aussprache abwechslungsreich, etwa soviele gesprochene Silben haben wie eine praktikable Lautbild-Buchstabenschrift. (Die 16-Buchstaben-Schrift hat 72 Silben, die 20 Buchstaben-Schrift 98). Auch 100 oder Silben mehr sind akzeptabel, wenn die Silbenzeichen regelmäßig konstruiert sind.


Außerdem fehlen in obiger Tabelle so wichtige Zeichen wie der senkrechte mittige Strich (man könnte ihn tu nennen und in der Tabelle links neben to stellen) sowie Punkt und Doppelpunkt. Letztere könnten in der l-Zeile die wenig nützlichen Zeichen lo und le ersetzen. Zwar würden die Zeichen dieser Zeile dann nicht alle links mit demselben Konsonantenzeichen anfangen. Aber sie wären alle geschlossen rund. Doch bei anderen Zeichenreihen ist es unmöglich, das Prinzip "Konsonant = Formähnlichkeit" statt "Konsonant = linkes Ende" konsequent durchzuführen: Z.B. ist das Zeichen fo ein Strich, die anderen Silbenzeichen mit f sind Winkel (fe wäre auch interpretierbar als Strichpaar.)

Wollte man obige Zeichentabelle, obwohl zu klein, möglichst praxistauglich machen, könnte man als Zeichen to den senkrechten mittigen Strich nehmen, als Zeichen po den Punkt, der optisch zu den flachen Zeichen paßt (man könnte ihm aber oben und unten etwas mehr Zwischenraum zuordnen, damit er zwischen anderen Zeichen besser erkennbar ist).

Mit dieser Diskussion wollen wir zeigen, daß wohl auch bei der Konstruktion einer Silbenschrift folgende Zitate gelten:


  Unbekannt:         "Kunst ist Regelmäßigkeit mit einigen Ausnahmen"

  Wilhelm Busch:   "Jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge"

  J.W. Goethe:       "In der Beschränkung zeigt sich der Meister"





Erweiterungen

Obige Tabelle läßt sich leicht erweitern. Man kann z.B. die leicht sprechbaren Konsonanten k sch v verwenden und die leicht sprechbaren Diphtonge   oi ai ei   ao (einsilbig)   io ia ie   eo ea

Hier einige nützliche Prinzipien, um neue Silbenzeichen zu konstruieren:


- seitliches Verschieben kleiner Zeichen (linksbündig, mittig, rechtsbündig). Verschobene Zeichen können aber nicht als einzelne Worte benutzt werden, da sie nur vor / nach unverschobenen Silben als verschoben erkennbar sind.

- Vergrößern kleiner Zeichen (Klein- / Großbuchstabenprinzip. Hierbei erhält man aber einige schon vorhandene Zeichen, z.B. die 2 breiten Winkel).

- Verdoppeln kleiner Zeichen

- Verdoppeln kleiner Zeichen, 2. Zeichen ist verdreht oder höhenversetzt
(z.B. waagrechter + senkrechter Strich)

- Dreifachzeichen: 3 kleine Zeichen parallel. Oder 3 kleine Zeichen verdreht / gewellt oder höhenversetzt (letzteres bei senkr. / waagr. Strichen; das Zeichen mo, der Viertelkreis, ergäbe eine Wellenlinie).

- großes Zeichen + senkrechter Strich mittig

- kleines Zeichen + 1 oder 2 senkrechte Striche außen

- kleines Zeichen + 1 oder 2 waagrechte Striche seitlich

- Zeichen + schließender waagrechter Strich (in obiger Silbentabelle Zeichen der i-Spalte, vielleicht auch der a-Spalte, mit Querstrich geschlossen), also geschlossene Halbkreise, Dreiecke, geschlossenes Rechteck. Zwar lassen sich geschlossene Zeichen aus anderen zusammensetzen, sind aber dann höher, unterbrochen und akustisch länger. Doch beim Lesen besteht Verwechslungsgefahr zwischen geschlossenen Zeichen und den ähnlichen zusammengesetzten Zeichen.

- Kleine + große Zeichen, z.B. a- + i- Zeichen der Tabelle

- Schachtelung von Zeichen   Details



Siehe dazu die Silbenschrift mit 80 Zeichen und den Artikel Zeichenbildung bei Silbenschriften


Gleichzeitig lassen sich alle diese Prinzipien zur Silbenbildung nicht realisieren: Man erhielte Hunderte von Silbenzeichen - zuviel. Außerdem erzeugen manche Konstruktionsregeln gleiche Silbenzeichen. Die Kunst besteht darin auszuwählen und das Ganze in ein abgerundetes System zu bringen. Wichtig ist es auch, für häufig gebrauchte Zeichen (eben die der Buchstabenschriften) kurze Silben zu wählen oder ggf. für Zusammenfassungen sehr häufiger Zeichen (z.B. waagrechter + senkrechter Strich) eigene Zeichen (z.B. geschlossenes Rechteck) zu definieren, um Worte akustisch kurz zu halten.



Tabellenformat

Obige Silbenschrift, mit Erweiterung um ei, ai, oi, ergibt eine Tabelle im Format 7*7 (Zeilen * Spalten). Hierbei kommt es gelegentlich zu Konflikten, z.B. ergibt das Zeichen tei (te mit Mittelstrich) genau das jetzige Zeichen ti (Dreifachstrich). Man könnte aber ti als Zeichen ein flaches Rechteck zuweisen (viel flacher als die Zeichenfolge pitepi).

Doch der Fall zeigt: Eine quadratische Zeichentabelle ist u.U. ungünstiger als eine länglich rechteckige: In einer 12*4 Tabelle (12 Konsonanten * 4 Vokale) erzeugt ein neuer Eintrag (Hinzufügen eines Konsonanten) nur 4 neue Silben: Hier kann man gezielter eine kleine Zeichenreihe hinzufügen, die man benötigt und die nicht mit anderen Zeichenreihen kollidiert, weil es zu diesem Konsonanten nur 4 neue Zeichen gibt.

Dieser Fall zeigt auch: Eine Silbentabelle muß nicht rechteckig sein. Z.B. kann eine Sammlung kleiner Tabellen wie 2*2 Matrizen sinnvoller sein.

Trotzdem lassen sich logische Unregelmäßigkeiten in der Silbentabelle u.U. nicht ganz vermeiden. Hier gilt der Grundsatz (wie auch bei anderen Dingen, z.B. Regelwerken oder Programmiersprachen), daß die logischen Brüche möglichst gering und unauffällig sein sollen.



Phonetik

Obige Silbenschrift erzeugt Worte mit Silbenstruktur Konsonant + Vokal. Dadurch wird die Sprache zwar klar und klangvoll, aber auf Dauer vielleicht zu monoton. Dem kann man mit einem einfachen Trick abhelfen - man verwendet j statt p:

Dann erhält man Lautfolgen wie taja, tajo, toja, tojo, teja, sajoja, auch tija (klingt wie tia), tijo etc. Da j hier praktisch wie ein i gesprochen wird, hat man quasi Vokalhäufungen, die die starre Silbenstruktur auflockern. Die Lautfolgen toji, taji, teji könnte man einsilbig sprechen als toi, tai, tei, was die Sprache noch abwechslungsreicher macht und den Wohlklang beträchtlich erhöht. Dann ergeben sich gelegentlich auch die schönen Lautfolgen tiei, tiai, tioi (aus tijoji) etc.
Nur die Silbe ji (am Wortanfang und nach i, z.B. in tiji, siji etc.) ist schwer sprechbar bzw. hörbar. Doch man könnte ji durch vi oder ngi (wie in singen) ersetzen, oder einfach durch jy. Am Wortanfang könnte man j ganz ausfallen lassen.


Als Grammatikpartikel (Satz-, Spalten-, Wortanfangspartikel) könnte man o, a, e verwenden. Z.B. o = Anfangspartikel der 1. Spalte eines Satzes, a = Anfangspartikel jeder anderen Spalte, e = Partikel vor jedem Wort, vor dem keine Partikel o oder a steht. (Vielleicht auch i statt e vor einem "hochgehobenen" Wort, d.h. einem Wort mit größerem Abstand nach unten.
Wenn man also vor jedem Wort eine Partikel o, a, e (oder i) spricht, hat die durch obige Silbenschrift erzeugte Sprache eine exzellent klare Akustik: Ein Satz lautet dann z.B. "o petepifi e sola a napefefi a napefefi". Selbst wenn dieser Satz flüchtig gesprochen wird und die Worttrennung durch Wortpause und Endakzent nicht hörbar ist "opetepifiesolaanapefefianapefefi", kann ein Hörer diesen Satz eindeutig in Einzelworte zerlegen: Eine Folge von 2 Vokalen markiert das Ende eines Wortes, der 2. Vokal ist eine der Partikel o,a,e,i. Schon beim ersten Laut, der nicht mehr zu einem Wort gehört, erkennt man sofort die Wortgrenze. Dies funktioniert rein akustisch, ohne daß, wie bei den natürlichen Sprachen üblich, der Hörer den Sinn des Satzes erfassen muß, um phonetisch ungetrennte Wortfolgen korrekt in Wörter zu zerlegen.
Auch wenn man die Tabelle erweitert um Spalten mit oi,ai,ei, funktioniert dies noch entsprechend. (i kann man nicht mehr als Partikel benutzen, wegen Verwechslungsgefahr, z.B. "ta i ta" mit "taita"; aber oi, ai ei können als Partikel dienen, z.B. ai = hochgehobene Spalte). Sogar wenn man die Silbentabelle erweitert um Spalten mit den schönen 2-silbigen Diphtongen ia, io, funktioniert diese Worttrennung noch entsprechend, wenn man nur die Partikel ei und e verwendet.



Bezüglich der Zuordnung Zeichen-Laute gibt es einige gute Möglichkeiten und einige Gründe für und gegen jede. Obige Wahl der Konsonanten hat folgenden Vorteil: Das gewählte Prinzip "verdrehtes Zeichen - ähnlicher Laut" ist intuitiv eingängig, da man einen Gegenstand immer als denselben ansieht, egal wie verdreht er daliegt. Und wenn man ein Zeichen, z.B. si, mit dem umgeklappten Zeichen fi verwechselt, ist der akustische Unterschied gering. Allerdings können ähnlich lautende Worte wie sifi und fisi sehr verschiedene Form haben (Raute, Diagonalkreuz). Das ließe sich mit anderer Lautzuordnung vermeiden, indem man z.B. (wie bei 12-Buchstabenschrift im Hauptartikel) alle sich nach oben verengenden Zeichen mit ähnlichen Lauten benennt.


Die Benutzung der hier beschriebenen Dinge ist frei        Stand:  13.12.05