Eincodiertes  Selbstportrait  von  Plinius

Plinius - die Person

Plinius der Ältere (23 - 79 n. Chr.) war römischer Offizier, Staatsmann, der Vertraute römischer Kaiser, Universalgelehrter und Fachschriftsteller. Er starb beim Ausbruch des Vesuv. Von seinen zahlreichen Schriften sind nur die 37 Bände seiner "Naturgeschichte" erhalten. Diese Enzyklopädie des gesamtem naturkundlichen Wissens des Altertums wurde aus etwa 2000 griechischen und römischen Texten zusammengetragen.



Wie er Bilder in sein Buch eincodierte

Wir sahen bereits, wie mit den   Lautbildschrift-Buchstaben   Plinius Bilder in seine Texte eincodierte
Und zwar meist kleine Portraits, oft eher symbolisch als das wahre Aussehen wiedergebend (welches bei längst Verstorbenen oft unbekannt war)



Plinius' Selbstportrait

Sollte er sich selbst kein Denkmal gesetzt haben? Es gäbe dafür 2 markante Textstellen: den Anfang und den Schluß eines Werkes. Der Anfang seines Werkes war weniger geeignet - dort ist das Inhaltsverzeichnis. Wir suchen deshalb am Ende: der letzte Satz seines gesamten Werkes, dieser 37-bändigen Enzyklopädie, lautet:

        Salve,  parens  rerum  omnium  Natura,  teque  nobis  Quiritium
        solis   celebratum   esse   numeribus   omnibus   tuis   fave.
        [Plinius, Naturkunde, lateinisch und deutsch, Heimeran Verlag München 1977]

       "Sei gegrüßt, Natur, Erzeugerin aller Dinge,  und sieh es huldvoll,  daß ich als
        einziger der Quiriten [= Römer] dich in allen deinen Werken verherrlicht habe."


Schreibe die Worte des Satzes untereinander
und  betrachte  nur  die   Anfangsbuchstaben
(blau) - ein uralter Codierungstrick

Dann  schreibe  links  neben  diese  Anfangs-
buchstaben die entsprechenden Buchstaben
der  antiken Standard-Lautbildschrift  -  du
erkennst ein Gesicht

Schiebe die Lautbild-Buchstaben senkrecht
zusammen,  bis sie den  korrekten  Abstand
von  1  Strichdicke   haben   -   das  Gesicht
ist   jetzt  deutlich  zu  sehen  (links, oben)


Das Bild enthält eine Spielerei: drehe den
unteren Teil um - du siehst ein Männchen
(ganz links, unten)



Anmerkung:   Beim Umcodieren wird ein Lateinbuchstabe, der kein Pendant im kleinen Alphabet der antiken Lautbildschrift hat, durch den lautähnlichsten Buchstaben ersetzt, z.B. r durch l, q und c durch k. Mehr dazu im Artikel über Bei Plinius eincodierte Bilder



Bildinterpretation: Wir sehen ein Brustbild eines römischen Offiziers (Zenturio). Er trägt einen Helm mit halbkreisförmigem, quergestellten Helmbusch. Um seinen Hals hängt eine Medaille, genauer: solche Auszeichnungen waren mit Längs- und Quergurten auf dem Brustpanzer befestigt.
(Ein solcher Zenturio ist abgebildet im Buch 'Res Romanae', Seite 56, Hirschgraben Verlag, 1983).


Auch das Männchen (es beginnt mit dem Anfangsbuchstaben von quiritium = Römer) stellt einen römischen Krieger mit Helmbusch dar. Es soll an den Soldaten Plinius erinnern, aber auch an den Dichter: die 2 Anfangsbuchstaben von "celebratum esse", "verherrlicht haben", stellen einen gespitzten, deklamierenden Mund mit davon ausgehendem Luftzug (= Arme) dar.   Sie sind auch als Stern, Zirkel oder Winkel interpretierbar - heute noch Symbol mancher Geheim- / Mysterienbünde.


Das Bild ist sicher eine Selbstdarstellung von Plinius , quasi seine Unterschrift im letzten Satz der ganzen Enzyklopädie. Der überlegen-kühle, distanziert-herablassende Gesichtsausdruck ist wohl idealisierend. Portraithaft sind vielleicht das hagere Gesicht, die breite, wohl geknickte Nase (Hakennase?) und die herabgezogenen Mundwinkel.




Wir hatten die Anfangsbuchstaben des Satzes von oben nach unten geschrieben. So sind die meisten Bilder eincodiert, denn es war für die Lateiner am bequemsten, die Wörter wie Zeilen untereinanderzuschreiben. Doch auch wenn man die Anfangsbuchstaben von unten nach oben schreibt (die eigentliche Schreibrichtung der Lautbildschrift), ergibt sich ein interessantes Bild:   ein deklamierender Dichter, der friedlich auf einem Löwen reitet:



Betrachtet man das Bild von oben, oder dreht es um 180 Grad, so erkennt man einen schreienden Soldaten. In den Bildern sind noch manche Dinge versteckt, und auch mit anderen Lautbildschriften ergeben sich Bilder, die wohl nicht ganz zufällig sind. Wenn Plinius im ersten Satz seines Buches 35 'Über die Malerei' von den "Geheimnissen der Werkstätten und der hartnäckigen Sorgfalt beim Ziselieren, Bilden und Färben" redet, meint er wohl auch die eincodierten Bilder (diese wurden vermutlich mit gravierten Buchsbaumplättchen gelegt).                                       Stand: 27.7.05